Andreas Klümper
Quantenmechanik von Vielteilchensystemen Deshalb beschäftigen wir uns mit der Entwicklung von Näherungsmethoden
zur Berechnung der physikalisch wichtigen Größen. Für
die Beschreibung eines Systems vieler Teilchen ist zum Glück das
individuelle Verhalten einzelner Teilchen gar nicht wichtig, sondern nur
das kollektive Verhalten aller Teilchen. Deshalb ist es auch nicht
erforderlich, physikalische Größen für alle Teilchen zu
kennen, vielmehr genügen kollektive Variablen, die man durch
Bildung statistischer Mittelwerte erhält. Beispiele sind
etwa die mittlere Energie und die mittlere Geschwindigkeit der
Elektronen in einem Metall; aus diesen Größen ergeben sich
die Wärmekapazität und die elektrische Leitfähigkeit.
Zur Berechnung der Mittelwerte kombiniert man die physikalischen
Gesetze, die die Bewegung der Elektronen bestimmen, mit den
mathematischen Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik. Da
die Elektronen einander aufgrund von Wechselwirkungen beeinflussen.
d.h. korreliert sind, ist auch die Berechnung von Mittelwerten
nicht ohne Probleme. Exakte Lösungen Das Isingmodell ist nicht das einzige
exakt-lösbare Modell. So gibt es viele klassische
wie auch quantenmechanische Systeme, die exakt-behandelbar sind. Charakteristisch für viele stark-korrelierte Systeme sind die
plötzlichen Änderungen (Singularitäten) von
Meßgrößen beim Phasenübergang.
Es ist ein notorisches Problem, diese Singularitäten mit
Näherungsverfahren zu bestimmen. Glücklicherweise sind gerade
diese Charakteristika von Phasenübergängen relativ robust,
d.h. unabhängig von mikroskopischen Details des physikalischen
Systems, so daß sich Idealisierungen bis hin zu
exakt-lösbaren Modellen anbieten. Sofern die durchgeführten
Idealisierungen gewisse grundsätzliche Eigenschaften der
mikroskopischen Wechselwirkungen (Symmetrien etc.) respektieren, sind
die wichtigen charakteristischen Singularitäten des Systems
unbeeinflusst, nur die nicht so relevanten Daten zur präzisen Lage
des kritischen Punktes werden modifiziert. Die Eigenschaft "exakt-lösbar zu sein" ist einem Modell nicht
ohne weiteres anzusehen. In vielen Fällen ist dies gleichbedeutend
mit der Existenz von zusätzlichen Bestimmungsgleichungen für
zum Beispiel den Mittelwert eines magnetischen Moments (Elementarmagnet
oder Spin) im schon genannten Isingmodell.
Allgemeine modellunabhängige Relationen geben einen Zusammenhang
des "Ein-Spin"-Mittelwertes mit "Zwei-Spin"-Mittelwerten an, diese
wiederum mit "Drei-Spin"-Mittelwerten und so fort. Gerade für den
Fall des Isingmodells (ohne äußeres Magnetfeld) gibt es eine
zusätzliche Relation, die diese unendliche Hierarchie von
Verknüpfungen schon an der ersten Stufe abbricht und eine
behandelbare Gleichung liefert, aus der die Thermodynamik des
Isingmodells für praktisch unendlich große Systeme folgt. Nicht ohne meinen Computer... Aktuelle Forschung
Insbesondere die Berechnung von Korrelationsfunktionen ist ein Problem
von hoher praktischer Relevanz, da alle Messungen lokaler Größen,
d.h. alle frequenz- oder wellenzahlabhängigen Messungen in Streu- oder
in Transportexperimenten, Messungen von Korrelationsfunktionen sind.
Die üblichen, auf Greenschen Funktionen basierenden Methoden zur
näherungsweisen Berechnung von Korrelationsfunktionen bilden die
theoretische Grundlage für die Entwicklung systematischer
störungstheoretischer Verfahren und semiphänomenologischer
Näherungen, sind aber zur exakten Bestimmung von
Korrelationsfunktionen ungeeignet. An ihre Stelle treten im Fall
integrabler Modelle Verfahren, die deren spezielle Struktur ausnutzen
(etwa die explizite Kenntnis der Form der Wellenfunktion) und die im
Prinzip auch eine exakte Berechnung von Korrelationsfunktionen gestatten.
Die Anwendung und Weiterentwicklung solcher Verfahren sind einige unserer
Betätigungsfelder. Sie ermöglichen Einblicke in Bereiche des
Phasendiagramms, etwa in der Nähe kritischer Punkte, die man mit
Hilfe numerischer oder störungtheoretischer Verfahren nicht oder
nur schwer erhalten kann.
Darüberhinaus interessieren wir uns für die allgemeinen
Eigenschaften von Vielteilchen-Quantensystemen, etwa die Struktur
von Störungsrechnung, die Bedeutung von Integrabilität,
oder die Möglichkeiten semiklassicher Quantisierung.
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Aufbau und Eigenschaften von Atomen, Molekülen und
Festkörpern können nur mithilfe der Quantenmechanik verstanden
werden. Deren grundlegende Gesetze, z.B. die Schrödingergleichung,
sind zwar seit Jahrzehnten bekannt, ebenso wie die auftretenden
Wechselwirkungskräfte, aber der mathematische Aufwand einer
vollständigen Lösung übersteigt die Fähigkeiten von
Menschen und Computern auf absehbare Zukunft. Das Problem ist die
riesige Zahl von Teilchen: in 100 g Kupfer sind so viele Elektronen wie
im Weltmeer Wassertropfen. Es wäre ebenso hoffnungslos wie
uninteressant, den genauen Zustand so vieler Teilchen berechnen zu
wollen.
Es gibt eine Alternative zu der gerade geschilderten Strategie,
Näherungsmethoden für realistische detaillierte Modelle der
physikalischen Wirklichkeit zu benutzen: man kann nämlich nach
speziellen Modellen suchen, die nur grob die Strukturen realer
Materialien wiedergeben, dafür aber mathematisch exakte
Lösungen gestatten. Exakte Lösungen sind aus verschiedenen
Gründen wichtig. Einerseits entsprechen exakt-behandelbare
Vielteilchensysteme gewissen Idealisierungen, die in der Natur hin und
wieder realisiert sind, andererseits bieten exakte Ergebnisse für
Modellsysteme die Möglichkeit, die Güte allgemeiner Verfahren
insbesondere numerischer Art abzuschätzen. So sind magnetische
Schichtsysteme (Isingmodelle) die wohl
bestverstandenen Systeme. Die ersten exakten Ergebnisse zur kritischen
Temperatur und anderen Eigenschaften des magnetischen Phasenübergangs sind mehr als fünfzig
Jahre alt. Dennoch sind viele wichtige Fragen insbesondere zum
Verhalten in einem äußeren Magnetfeld ungelöst und
werden intensiv untersucht. Außerdem werden neue Varianten von
Computer-Simulationen am Isingmodell geeicht.
Wie in fast allen Gebieten der Physik ist der Computer bei uns aus der
täglichen Arbeit nicht mehr wegzudenken. Von der
E-Mail-Kommunikation mit unseren wissenschaftlichen Kooperationspartnern
in Übersee über die Darstellung von wissenschaftlichen
Ergebnissen mit Texten, Formeln und Grafiken bis zur Entwicklung
großer und komplexer Software-Pakete für unsere Rechnungen
reicht die Skala der Anwendungen, mit denen sich unsere Diplomanden und
Doktoranden vertraut machen.
Wir beschäftigen uns mit integrablen
Vielteilchen-Modellen und ihren Anwendungen, bevorzugt in der Physik der
kondensierten Materie. Dazu zählen, neben Spinketten, dem Kondomodell
und der integrablen anharmonischen Todakette, das eindimensionale
Hubbardmodell und das eindimensionale supersymmetrische t-J-Modell
und ihre Verwandten. Interessante offene Fragen betreffen
das Verhalten bei endlichen Temperaturen, die systematische Herleitung
effektiver Quantenfeldtheorien für das Niederenergieverhalten sowie
die Berechnung von Matrixelementen lokaler Operatoren und von
Korrelationsfunktionen.